Lichtseiten der Trübsal
Es schadet nicht, zuweilen etwas Ärger und Verdruss zu haben. Sie bringen uns
zur Selbstbesinnung, lassen uns das Erdenleben als Fremde empfinden und
enthüllen das Eitle irdischer Hoffnung.
Es schadet nicht, bisweilen auf Widerspruch zu stoßen und ungünstig und
schief beurteilt zu werden, trotz unseres richtigen Vorgehens und unserer guten
Absicht. Solches fördert die Demut und bewahrt vor Einbildung.
Denn wir fühlen uns nachhaltiger angetrieben, Gott selber zum inneren Zeugen zu
nehmen, wenn wir äußerlich den Menschen wenig bedeuten und man uns misstraut.
Der Mensch sollte sich dermaßen an Gott klammern, dass ihm ein Mindestmaß
menschlichen Trostes genügte.
Wird jemand, der guten Willens ist, geprüft oder versucht oder von schlechten
Gedanken geplagt, so begreift er besser, wie nötig er Gott braucht, und dass er
ohne Ihn nichts Ersprießliches zustande bringt.
Alsdann leidet er, seufzt und betet in seiner Qual. Er empfindet das Leben als
Last und wünscht dessen Ende herbei, um „aufgelöst zu werden und bei Christus zu
sein“.
Ebenso erkennt er dann klar, dass die Erde keine restlose Sicherheit und keinen
ungetrübten Frieden bieten kann.
(Thomas von Kempen, Nachfolge Christi, 1. Buch, 12. Kapitel. Benzinger Verlag 1979, S. 34.)