Wer nimmt Gott noch
ernst?
Je mehr man sich in der heutigen Zeit mit den Irrtümer des Modernismus und
Liberalismus, mit den populären Ideen und geistigen Strömungen der Gegenwart
beschäftigt, die inzwischen die Denkweise breiter Schichten unserer Volks-
und Zeitgenossen bestimmen, umso ersichtlicher wird es, wie weit man sich
damit vom christlich-katholischen Gottes- und Weltbild entfernt hat, wie
wenig dies in Übereinstimmung mit den Grundlagen des christlichen Glauben
steht. So ist es bei weitem nicht mehr sicher, dass unter dem einen und
demselben Begriff auch dasselbe verstanden wird, derselbe Inhalt angenommen
wird, wobei davon inzwischen nicht einmal die Grundbegriffe der christlichen
Offenbarungsreligion ausgenommen werden können.
So bin ich vor kurzem mit einer theologischen These eines Angehörigen der
postkonziliaren modernistischen „Kirche“ konfrontiert worden, die als
Erklärung bzw. als Ursache für viele der gewaltigen Irrwege der Gegenwart
gelten kann bzw. dies zum nicht geringen Teil sicherlich auch ist. Die
betreffende These lautet nämlich: Gott könne (sinngemäß: wegen Seiner
Erhabenheit über den Menschen, wegen Seines Andersseins) überhaupt nicht
durch die menschlichen Sünden und Verfehlungen getroffen, nicht verletzt
werden. Und zwar wurde diese Art der „Unverletzlichkeit“ Gottes ganz konkret
so dargestellt, als ob wir uns mit unseren menschlichen Sünden nicht gegen
Gott versündigen könnten.
Wollen wir uns, um diese These besser analysieren zu können, zunächst
einigen Grundlagen des christlichen Gottesbildes zuwenden. Gott hat sich ja
uns, den Menschen, bekanntlich als der liebende Vater offenbart, dem unser
Elend nicht gleichgültig war und der zu unserem Heil, der Erlösung von der
Sünde, Seinen eingeborenen Sohn in diese Welt gesandt hat. Dabei ist wichtig
zu sehen, dass Gott dies alles aus Liebe getan hat, dass Er nicht nur Liebe
hat, sie als eine Art hinzukommender Eigenschaft besitzt, sondern selbst,
Seinem Wesen nach die (sittliche) Liebe schlechthin ist! So kulminieren z.B.
die Ausführungen des Lieblingsapostels Jesu, des hl. Johannes, zu diesem
Thema zweimal in der Aussage: „Gott ist die Liebe“ (vgl. 1 Joh 4,7-16)!
Und eine der wesentlichen Eigenschaften der Liebe besteht darin, dass sie
will, dass Liebe sei! Wie ein von wahrer Liebe erfüllter Mensch bildlich
gesprochen die ganze Welt umarmen möchte, so will das Gute, dass alle gut
seien bzw. werden. Die Liebe will, dass es Liebe gebe, dass Liebe gelebt,
praktiziert und realisiert werde, und zwar von allen (vernunftbegabten
Wesen)! Denn würde die sittliche Liebe nicht unbedingt wollen, dass es sie
gebe, dass sie als einziges ein Recht auf Existenz, aufs Dasein habe, dann
wäre sie nicht sittlich, wäre sie nicht die wahre Liebe, würde sie nicht aus
dem absolut Guten, aus Gott kommen.
So ist Gott als der Heilige, als der absolut Gute sowohl die Bejahung als
auch zugleich die Rechtfertigung Seiner selbst. Somit kann von Gott nicht
anders angenommen werden, als dass Er als der absolute sittliche Wille auch
die Realisierung Seines heiligen Willens, die Verbreitung Seines Heiles,
will und somit auch allen befiehlt. Dieses ausdrückliche „Du sollst“ der
göttlichen Gebote, welches auf der einen Seite dem Menschen zwar die
Wahlfreiheit lässt, aber auf der anderen Seite dennoch den energischen und
unmissverständlichen Willen Gottes zum Ausdruck bringt, stellt jenen
moralischen Imperativ Gottes dar, mit welchem Er sich an alle Menschen ohne
Ausnahme wendet. Denn wollte Gott als der Heilige nicht, dass es Heiligkeit
unter den Menschen gebe, dann wäre Er nicht der absolut Heilige, nicht
sittlich vollkommen!
Bestand doch Jesus Christus in Seinem Evangelium mit allem Nachdruck darauf,
dass der Wille Seines himmlischen Vaters befolgt werde, und zwar
lebensmäßig-praktisch: „Nicht jeder, der zu Mir sagt: Herr, Herr!, wird in
das Himmelreich eingehen, sondern nur, wer den Willen Meines Vaters tut, der
im Himmel ist, wird in das Himmelreich eingehen“ (Mt 7,21). Und hat Er doch
die Apostel mit dem ausdrücklichen Auftrag in die Welt geschickt, alle
Völker zu Jüngern zu machen, indem sie diese (neben der Taufspendung) auch
„alles halten“ lehren, was Er ihnen geboten hat (vgl. Mt 28,19f.), womit
unter anderem auch und gerade die Gebote Gottes gemeint sind!
Besteht denn der Sinn der christlichen Mission, der Mission Jesu Christi und
Seiner Kirche, nicht gerade darin, den Menschen die unendliche und
unergründliche Liebe Gottes nahe zu bringen, und zwar nachdem Er selbst
Mensch geworden ist, um die von den Menschen durch ihre Sünde verursachte
Schuld vor Gott durch Sein stellvertretendes Leiden und Sterben zu sühnen,
um durch diese Seine Realisierung der Liebe auch und gerade die Menschen zur
wahren Liebe (wieder) zu befähigen? Was bedeutet es denn sonst, wenn wir
nach der Anleitung Jesu täglich beten: „Vater unser, der Du bist im Himmel,
geheiligt werde Dein Name, zu uns komme Dein Reich, Dein Wille geschehe, wie
im Himmel, so auch auf Erden“?
Kann nun Gott auf die oben dargelegte Weise „beleidigt“, durch die
menschliche Sünde „verletzt“ werden? Ein Blick auf das Kreuz, auf den
Gekreuzigten gibt eine eindeutige Antwort darauf. Und z.B. im bekannten
Sühnegebet zum heiligsten Herzen Jesu wird uns seitens der katholischen
Kirche ausdrücklich nahegelegt, „jene sträfliche Kälte der Menschen und
Unbilden ... wiedergutzumachen, die sie Deinem liebevollsten Herzen
allenthalben zufügen“. Also können die Menschen Gott doch etwas „zufügen“ -
leider tun sie es!
Denn es ist doch klar: wenn die Liebe nur dann wahre Liebe ist, wenn sie
unbedingt will, dass Liebe sei, dass es Liebe gebe, dann kann doch jede
bewusste Zurückweisung und willentliche Verachtung dieser Liebe natürlich
nicht anders als sie betroffen machen! Gott als dem Heiligen kann es doch
nicht gleichgültig sein, ob nun die Menschen gut oder böse sind, ob sie IHN
(somit) bejahen oder ablehnen.
Denn würde Er das nicht wollen, würde Er keinen Wert auf die Realisierung
des göttlichen Willens seitens des Menschen legen, dann wäre er auch nicht
Gott, weil Er nicht absolut die Liebe wollte, weil Er keine vollkommene
Liebe hätte, keine wahre Liebe wäre! Dann würde sich unter dem Begriff
„Gott“ etwas anderes verbergen als der wahre und lebendige Gott!
Die im obigen Sinn gemachte Äußerung, die menschliche Sünde treffe gar nicht
Gott, Er könne durch die menschliche Schlechtigkeit überhaupt nicht
„verletzt“ werden, weil Er ja ganz anders sei als die Menschen, weil Er ja
völlig erhaben sei über der menschlichen Welt, klingt wegen ihrer Begründung
scheinbar fromm und tiefgläubig. In Wirklichkeit aber liegt ihr ein
Gottesbegriff zugrunde, der völlig abwegig ist, der sich gänzlich vom
christlichen Gottesbild unterscheidet.
Denn „Gott“ wäre dann ein Wesen, welchem es nicht unbedingt am Vollzug der
Sittlichkeit seitens des Menschen läge, welcher nicht an der Erfüllung
Seines heiligen und heilbringenden Willens durch die Menschen bestünde.
Somit hätte Er nicht Liebe, wäre Er nicht wesensmäßig wahre sittliche Liebe!
Und diese moralische Gleichgültigkeit dieses „Gottes“ würde ihn als ein
sittlich desinteressiertes Wesen, als eine Art moralisch-degeneriertes
Krüppel definieren. Mit dem wahren Gott, wie Er sich uns in Seinem
Eingeborenen Sohn Jesus Christus offenbart hat, hat dieser „Gott“ wahrhaftig
nichts zu tun!
Aber noch einen anderen wichtigen Punkt gilt es hier zu beachten. Wenn wir
Gott mit unserer menschlichen Schuld nicht treffen, nicht „verletzen“
könnten, dann gäbe es für die Menschen folgerichtig auch keine allgemein
verbindliche Moral. Denn wenn Gott auf die besagte Weise völlig abgehoben
ist von der Welt der Menschen, wenn wir Ihn auch beim sprichwörtlich besten
Willen nicht „beleidigen“, vor Ihm kein Unheil anrichten könnten, dann
bestünde für uns auch keine Notwendigkeit, uns nur irgendwie sittlich
anzustrengen. Ja, diese sittliche Bemühung, würde sie bei dem einen oder
anderen von uns gegebenenfalls doch vorliegen, wäre sogar un- und
widersinnig, weil man ja dadurch überhaupt nichts Sinnvolles, nichts
Brauchbares, nichts Nützliches im Hinblick auf die Ewigkeit, auf das ewige
Leben bei und mit Gott, erreichen könnte.
Insgesamt betrachtet wäre es dann für die Welt der Menschen auch völlig
irrelevant, ob sich nun Gott zu Wort meldete oder nicht, ob Er von uns etwas
wollte oder nicht. Ja, es wäre dann für uns sogar völlig egal, ob es Ihn
überhaupt gibt oder nicht! Denn was hätten wir mit Ihm auf der Grundlage der
obigen These überhaupt zu tun? Somit wird mit der Behauptung, Gott könne von
uns, Menschen, auf die besagte Weise nicht „verletzt“ werden, nicht nur
nicht der Erhabenheit Gottes gehuldigt, sondern letztendlich sogar dem
Atheismus Vorschub geleistet. Denn „Gott“ ist hier bloß eine leere Vokabel,
eine inhaltsfrei Worthülse, die wir nicht beachten, auf die wir nicht die
geringste Rücksicht nehmen müssten.
Und sollte ein Verfechter dieser These dennoch ernsthaft an die Existenz
eines persönlichen Gottes und an ein wie auch immer geartetes Leben der
menschlichen Seele nach dem Tod glauben, dann müsste er in seinem „Glauben“
Inhalte annehmen, die in Richtung der Allerlösungstheorie gehen. Denn wie
könnte denn Gott sonst einen Menschen für das zur Rechenschaft ziehen, was
nach genuin christlichem Verständnis als „Sünde“ bezeichnet wird, wenn Er
ihn praktisch nicht auf die Einhaltung Seiner Gebote verpflichtet habe? Denn
dann wäre ja „Gott“ ein schreckliches Monstrum, ein moralischer Despot, der
die Menschen völlig ungerecht verurteilen würde.
Um dieser Schlussfolgerung zu entgehen, müsste man ja geradezu
notwendigerweise annehmen, „Gott“ „vergebe“ jedem und allem, auch wenn Ihn
auf der anderen Seite die menschliche Schuld vor Ihm überhaupt nichts
angehe. So oder so, wie auch immer man es drehen will, Gott wird hier nicht
ernst genommen und somit praktisch zu den Akten gelegt, was mit anderen
Worten eine Art Nihilismus darstellt und somit letztendlich Seiner Leugnung
gleichkommt!
Der eingangs erwähnte Vertreter der hier analysierten These fügte ihr noch
einen Zusatz hinzu, der deutlich die Richtung angibt, in welche sich die
Jünger des Modernismus und der sich selbst als noch irgendwie religiös
bezeichnende Teil unserer westlich geprägten „Spaßgesellschaft“ geistig
entwickeln. Wohl in der Ahnung um die katastrophalen Folgen dieser These
wird hinzufügend gesagt: Aber man müsse sich so verhalten, dass man nicht
einem anderen Mensch wehtue, dass man nicht die Mitmenschen verletze und
beleidige.
Nun, kein ernsthafter katholischer Christ wird leugnen, dass die so genannte
Nächstenliebe zum wesentlichen Bestandteil des christlichen Glaubens gehört.
Denn wer wahrhaft Gott liebt, der kann nicht zugleich in seinem Herzen Hass
gegen einen Menschen hegen: „Wer keine Liebe hat, bleibt im Tod. Jeder, der
seinen Bruder hasst, ist ein Mörder. Und ihr wisst, dass kein Mörder das
ewige Leben in sich trägt“ (1 Joh 3,14f.)
Aber diese Nächstenliebe ist Ausfluss der Gottesliebe, der Gottesbeziehung!
Weil uns Gott zuerst Seine Liebe geschenkt hat und uns dadurch zur wahren
Liebe (erst) befähigt hat, sollen auch wir Ihn lieben, die absolute Liebe um
ihrer selbst willen lebensmäßig-praktisch bejahen, Liebe in unserem Herzen
haben. Und davon können dann logischerweise auch die Mitmenschen nicht
ausgenommen werden: „Wir lieben Gott, weil Er uns zuerst geliebt hat. Wenn
jemand sagt: Ich liebe Gott, dabei aber seinen Bruder hasst, der ist ein
Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er vor Augen hat, der kann
auch den unsichtbaren Gott nicht lieben. Wir haben also das Gebot von Ihm:
Wer Gott liebt, soll auch seinen Bruder lieben“ (1 Joh 4,19-21).
Das Problem der obigen These besteht aber darin, dass die Nächstenliebe
verselbstständigt, von Gott losgetrennt, verabsolutiert wird! Nachdem man
also zuerst Gott als ziemlich unwesentlich dargestellt und somit praktisch
abgeschafft hat, rückt nun der Mensch in den Mittelpunkt, wird er zum Maß
aller Dinge! Das entscheidende Kriterium für moralisches, sittliches
Verhalten ist hier somit nicht mehr der weise, allwissende und heilige Gott,
sondern ein Geschöpf - der Mensch. Und das ist nichts anderes als ein
freimaurerischer, liberalistischer Humanismus, in dem der Mensch die
Hauptrolle spielt, und Gott bewusst nicht mehr vorkommt - Hominismus!
Da stellt sich natürlich auch die Frage, wie soll man nun in Erfahrung
bringen, was moralisch, sittlich und was verwerflich und
verabscheuungswürdig sei. Wer zeigt uns, den Menschen, dies an, wer trifft
eine Entscheidung darüber? Und da Gott Seine moralische Autorität verloren
habe, bleibt natürlich nur der Mensch als der oberste moralische
Gesetzesgeber übrig.
Gab es zu jedem Zeitalter Versuche seitens so mancher Mächtigen und
Einflussreichen, sich die Wahrheit nach eigenen Gelüsten zu schmieden (vgl.
2 Tim 4,3f.), so hat doch Gottes Wort und Wille in der katholischen Kirche
und in den breiten Schichten christlicher Bevölkerung Geltung besessen.
Nachdem sich aber heute die postkonziliare „Kirche“ selbst u.a. auch der
Huldigung des Menschen (vgl. z.B. das Problem der Religionsfreiheit [siehe
„Beiträge“; Nr. 8/9] bzw. die Rede Montinis, Pauls VI., vom 07.12.1965 in
der öffentlichen Sitzung des Vatikanums II [siehe unten])
verschrieben hat und sich somit als die große, für alle sichtbare moralische
Instanz verabschiedet hat, sind nun praktisch die letzten Riegel
niedergerissen, die es verhindern würden, dass man sich im großen Stil „an
(menschlichen) Fabeln ergötzt“ (vgl. 2 Tim 4,4).
Sind aber z.B. die UNO, die Weltbank, der jüdische Weltbund, das Weiße Haus
in Washington bzw. die jeweiligen Regierungen, Landesparlamente oder geld-
und einflussreiche gesellschaftliche Gruppen usw. in ihrer bewussten
Abkoppelung von Gott und Seinem heiligen Willen (!) überhaupt autorisiert
bzw. moralisch befähigt, uns zu sagen, was denn die wahre Sittlichkeit sei,
wie wir es in der Gegenwart leider so oft erleben müssen???
Zuerst hat man, um nur einige wenige Beispiele anzuführen, den Ehebruch in
der Gestalt von Ehescheidung „legalisiert“ und somit die christliche
Institution „Ehe“ ad absurdum geführt, dann mutierte die allein in
Deutschland jährlich hunderttausendfach praktizierte Abtreibung der Kinder
im Mutterschoß vom verabscheuungswürdigen Mord zum gesellschaftlich
akzeptierten und sogar geförderten so genannten „Schwangerschaftsabbruch“.
Jetzt ist man in den westlichen Ländern fleißig daran, Homosexualität im
großen Stil salonfähig zu machen. Dann Euthanasie? Wobei jede Gegnerschaft
gegen diesen Ausverkauf von christlich-moralischen Prinzipien mit aller
Macht und Wucht der sich im eigenen Besitz befindlichen Massenmedien als
unmenschlich, intolerant, reaktionär, ja teilweise sogar unchristlich
dargestellt wird. Also wehe dem, der sich dagegen wehrt!
Oder wie kann es denn geschehen, dass von den entsprechenden
Verantwortlichen auf einen entsprechenden politisch-gesellschaftlichen Druck
hin die Verzerrung des Gotteswortes des Evangeliums Jesu Christi zugelassen
wird, indem nun, wie zu vernehmen war, z.B. die Texte der Passionsspiele in
Oberammergau bzw. einiger moderner Übersetzungen der Heiligen Schrift von
allen angeblich „antisemitischen“ Äußerungen „gereinigt“ wurden? So betet
die „Konzilskirche“ seit 1962 in den Karfreitagsfürbitten ja auch nicht mehr
„für die ungläubigen Juden“. Darf denn der Diktat der Politik bzw.
bestimmter Staaten und Vereinigungen eigenwillig sogar über christliche
Glaubensinhalte bestimmen und so manche objektive historische Wahrheit in
Gegenwart und Vergangenheit einseitig fehlinterpretieren?
Oft hat der Mensch versucht, Gott zu entthronen, sich selbst an Seine Stelle
zu erheben und Seinen Platz einzunehmen. Und immer endeten diese
„Experimente“ in einer gewaltigen Katastrophe! Besinnen wir uns also unter
allen Umständen auf Gott, auf Seinen heiligen Willen, wie ihn uns der zu
unserem Heil menschgewordene Sohn Gottes Jesus Christus in Seinem Evangelium
kundgetan und gelehrt hat! Nehmen wir Ihn ernst, haben wir eine gesunde
Gottesfurcht vor Ihm und Seinem gerechten Gericht. Und vor allem üben wir in
unserem Leben die Hauptgebote der Gottes- und Nächstenliebe!
Denn nur der, der sich bemüht, den uns von Christus mitgeteilten Willen
Gottes auch unter den heutigen erschwerten Bedingungen zu befolgen, findet
sowohl IHN als in der Folge auch die Ruhe und den Frieden des Herzens. Denn
so sprachen ja bereits die Apostel Petrus und Johannes, als sie vor dem
Hohen Rat in Jerusalem Rede und Antwort stehen mussten: Jesus Christus „ist
der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein
geworden ist. In keinem anderen ist das Heil. Denn es ist kein anderer Name
unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir das Heil erlangen
sollen“ (Apg 4,11f.)!
P. Eugen Rissling
Paul VI in der Ansprache der öffentlichen
Sitzung des Vatikanums II vom 07.12.1965
(Hervorhebungen durch uns):
„Ja, die Kirche des Konzils hat sich
- außer mit sich selbst und der Beziehung, die sie mit Gott eint - mit dem
Menschen beschäftigt, und zwar mit dem Menschen, wie er heute wirklich ist:
der lebendige Mensch, der ganz mit sich selbst beschäftigte Mensch, der
Mensch, der sich nicht nur zum Mittelpunkt jeglichen Interesses macht,
sondern der es wagt, von sich zu sagen, dass er Prinzip und Grund aller
Wirklichkeit ist. Das ganze Phänomen Mensch, das heißt angetan mit den
Masken seiner zahllosen Aufmachungen, hat sich gleichsam vor die
versammelten Konzilsväter hingestellt, die ja auch Menschen sind, und darum
aufmerksame und liebeerfüllte Hirten und Brüder: der tragische Mensch mit
seinem eigenen Schicksal, der Übermensch von gestern und heute, der deshalb
stets gebrechlich und unaufrichtig, egoistisch und voll Leidenschaft ist,
dann der über sich selbst unglückliche Mensch, der lacht und weint, der
vielschichtige Mensch, der bereit ist, jede Rolle zu spielen, der starre
Mensch, wie er ist, der denkt, liebt, arbeitet, der stets auf etwas wartet,
der ´filius accrescens´, der wachsende Sohn (Gen. 49,22), der durch die
Unschuld seiner Kindheit, durch das Geheimnis seiner Armut und durch seinen
Reueschmerz heilige Mensch; der Mensch als Individuum und als
Gemeinschaftswesen, der Mensch, der die Vergangenheit preist, und der
Mensch, der von der Zukunft träumt; der sündige Mensch und der heilige
Mensch, und so weiter.
Der laizistische und profane Humanismus ist
schließlich in seiner furchtbaren Gestalt erschienen und hat in einem
gewissen Sinn das Konzil herausgefordert. Die Religion, d.h. der Kult
Gottes, der Mensch werden wollte, ist der Religion (denn sie ist es), d.h.
dem Kult, des Menschen begegnet, der Gott werden will. Was ist geschehen?
Ein Zusammenstoß, ein Kampf, ein Anathem? Es hätte sein können, aber es ist
nicht geschehen. Die alte Geschichte vom Samariter wurde zum Beispiel
für die Geisteshaltung des Konzils. Eine ganz große Sympathie mit den
Menschen hat es ganz und gar durchdrungen. Die Entdeckung der menschlichen
Bedürfnisse (je größer sie sind, desto größer macht sich auch der Sohn der
Erde) hat die Aufmerksamkeit unserer Synode gefesselt. Erkennt dem
Konzil wenigstens dieses Verdienst zu, ihr modernen Humanisten, die ihr die
Transzendenz der höchsten Dinge leugnet, und erkennt unseren neuen
Humanismus an: auch wir, und wir mehr als alle, sind Verehrer des Menschen!
Was hat dieser hohe Senat in der Menschheit
betrachtet, was hat er im Lichte der Gottheit zu studieren unternommen? Er
hat das ewige Doppelspiel ihres Antlitzes betrachtet: das Elend und die
Größe des Menschen, sein tiefsitzendes, unleugbares, aus sich selbst
unheilbares Übel und seine ihm verbliebene Gutheit, die immer von hoher
Schönheit und unbesieglicher Erhabenheit gezeichnet ist. Aber man muss
anerkennen, dass dieses Konzil, das über den Menschen ein Urteil zu fällen
hatte, weit mehr bei dieser guten Seite des Menschen verweilte als bei der
traurigen. Seine Einstellung war ausgesprochen und bewusst optimistisch. Ein
Strom von Zuneigung und Bewunderung hat sich vom Konzil über die moderne
Welt des Menschen ergossen. Ja, die Irrtümer werden zurückgewiesen, weil
Liebe und Wahrheit es verlangen, für die Personen gab es nur Einladung,
Achtung und Liebe. Anstelle deprimierender Diagnosen aufmunternde
Heilmittel; statt unheilvoller Voraussagen wurden vom Konzil an die
heutige Welt Botschaften des Vertrauens gerichtet; ihre Werte wurden nicht
nur respektiert, sondern geehrt, ihre Bemühungen unterstützt, ihre
Bestrebungen geläutert und gesegnet.“ (Siebel, W., Katholisch oder
konziliar. Die Krise der Kirche heute. Langen Müller 1978, S. 56f.)
(Red.) Entsprechen denn diese Ausführungen
nicht dem Geist der Loge, teilweise sogar ausdrücklich deren Buchstaben? Da
erscheint das gelegentliche Verweisen auf Gott, auf die Wahrheit und auf die
Schlechtigkeit des „profanen Humanismus“ lediglich als ein Alibi! Man stelle
sich das vor: Paul VI gibt selbst zu, dass der Mensch sich an die
Stelle Gottes erheben wolle, und er selbst hat nur „ganz große Sympathie“
mit diesem Menschen, der Gott ablehnt! Ein weiterer Kommentar
erübrigt sich.
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