Zeitgemäße Beispiele für Ablässe,

welche die Kirche verliehen hat, und wie wir sie verstehen und nützen sollen

Immer wieder hören wir davon, daß die Kirche auf bestimmte Werke oder Gebete einen Ablaß verliehen habe. Was meint die Kirche damit? Wie sollen wir damit umgehen?

Fragen wie diese mögen sich manchen Gläubigen stellen, einen kleinen Einblick und ein bißchen Verständnis für diese Praxis wollen die folgenden Zeilen vermitteln, auch wenn mit wenigen Worten sicher nicht alle Fragen beantwortet werden können.

 

Was ist ein Ablaß?

Der Mißbrauch des Ablasses hat bisweilen zu seiner völligen Ablehnug geführt. Dabei hat Christus selbst Seiner Kirche den Schatz der durch Ihn vollzogenen Erlösung anvertraut. Die Kirche hat von Anfang an in Seinem Namen sakramental von Sünden losgesprochen, wofür ihr ja von Christus die Binde- und Lösegewalt gegeben wurde.

Die Vergebung der Sünden schließt aber nicht automatisch die Wiedergutmachung und die Sühne für das Böse mit ein. Hier hilft die Kirche dem Sünder, seine Sündenstrafen abzubüßen, indem sie bestimmte gute Werke mit einem Ablaß verknüpft.

In den ersten Jahrhunderten hat die Kirche in der Stellvertretung Gottes zur Sühne der Sünden Kirchenbußen verhängt, diese aber unter bestimmten Bedingungen auch wieder nachgelassen, indem sie - im Hinblick auf den Gnadenschatz der Verdienste Christi und aller Heiligen - selbst mit ihrer Fürbitte vor Gott für den Sünder eintrat. Die Kirche verhalf dem Büßer so zu einer Möglichkeit, wirksam für seine Sünden zu büßen, indem sie selbst als Braut Christi für ihn eintrat und bestimmten Bußwerken dadurch eine besondere Wirksamkeit verlieh. Und diese Hilfe zur Abbüßung von Sündenstrafen gibt die Kirche dem Menschen auch heute (auch wenn sie weitgehend auf die früher verhängten Kirchenbußen zur Wiedergutmachung von begangenen Sünden verzichtet)!

Eine solche Möglichkeit bietet die Kirche beispielsweise dem, der andächtig den Rosenkranz in einer Kirche betet, in der sich das Allerheiligste befindet: Sofern er aufrichtig seine Sünden bereut, werden ihm seine Sündenstrafen vollkommen nachgelassen, wenn er beichtet und kommuniziert (die fünf Gesetzchen brauchen dabei nicht alle auf einmal gebetet zu werden, jedoch muß es am gleichen Tag geschehen). Man spricht hier von einem vollkommenen Ablaß.

Einen vollkommenen Ablaß kann man z.B. auch gewinnen, so oft man einen kirchlich errichteten Kreuzweg reumütigen Herzens ohne längere Unterbrechung geht und das Leiden Christi dabei betrachtet, ohne daß dabei bestimmte Gebete vorgeschrieben wären. Kommuniziert man dazu am gleichen Tag, kann dadurch ein weiterer vollkommener Ablaß gewonnen werden, sofern der Mensch richtig dafür bereitet ist. 

Bei Teilablässen tritt die Kirche nur für einen Teil der Sündenstrafen ein: 300 Tage Ablaß bedeutet beispielsweise, daß die Sündenstrafen in dem Maß erlassen werden, wie sie einem Büßer in den ersten Jahrhunderten durch 300 Tage Buße erlassen wurden. 

Zusammenfassend können wir also sagen: Beim Ablaß vermittelt die Kirche auf Grund der Verdienste Christi die Nachlassung von zeitlichen Sündenstrafen demjenigen, der dieses Mittel ergreift. In dem Maße, als dieser von ernster Bußgesinnung beseelt ist, kann diese Gnade Gottes, zu welcher die Kirche die Tür öffnet, wirksam werden. Der Empfänger muß also für die Gewinnung eines Ablasses zunächst die Lossprechung von allen schweren Sünden erlangen und sollte wenigstens allgemein den Willen haben, die von der Kirche gewährten Ablässe zu gewinnen.

 

Besondere Ablässe für die Monate Oktober und November

Der Monat Oktober gilt in der Kirche als Rosenkranzmonat (das Rosenkranzfest am 7. Oktober erinnert dabei an die Hilfe der Gottesmutter bei der Türkengefahr vor der Schlacht von Lepanto am 7. Oktober 1571), der November als Allerheiligen- und Allerseelenmonat. Sicher ist es nicht schlecht, sich gerade in diesen Monaten einmal wieder an die Möglichkeit wirksamer Buße für die Sündenstrafen zu erinnern, welche uns die Kirche in der Form besonderer Ablässe anbietet, die auch den Armen Seelen zugewendet werden können. (Allerdings setzt ein Ablaß immer eine wirkliche Bußgesinnung beim Empfänger voraus, stellvertretende Buße und Ablaßgewinnung für Verstorbene ist daher nur fürbittend möglich).

Welche besonderen Ablässe können nun durch das Rosenkranzgebet gewonnen werden, welche für die armen Seelen? Einige Beispiele:
Wer fünf Gesetzchen des Rosenkranzes betet, gewinnt jedesmal 5 Jahre (im Oktober: 10 Jahre) Ablaß.

Beim Beten mit anderen: 10 Jahre. - Enchiridion Indulgentiarum (=E. Ind.) 395a und b. 398.
Am jedem letzten Monatssonntag vollkommener Ablaß, wenn man in den vorhergehenden Wochen den Rosenkranz wenigstens dreimal wöchentlich mit anderen gebetet hat; Bedingungen: Beicht, Kommunion, Kirchenbesuch. - E.Ind.395b.

Beim Beten mit einem geweihten Rosenkranz können noch weitere Ablässe gewonnen werden.

Für die Armen Seelen kann man einmal täglich einen Ablaß von 3 Jahren gewinnen, wenn man für sie ein beliebiges Gebet verrichtet. - E. Ind. 589.

Bei einer Armenseelenandacht in der Kirche: täglich 7 Jahre. - E.Ind.589.

Bei einer 7- oder 9-tägigen Andacht zum Trost der Armen Seelen: täglich 3 Jahre Ablaß, am Schluß vollkommener Ablaß für die Armen Seelen, unter den gewöhnlichen Bedingungen, d.h. Beicht, Kommunion, Kirchenbesuch, Gebet nach Meinung des Heiligen Vaters (in den Anliegen der Kirche). - E. Ind. 588.

Bei jedem Gebet für die Armen Seelen auf dem Friedhof: 7 Jahre.

An Allerseelen sowie an den folgenden acht Tagen bei jedem Friedhofsbesuch mit Gebet für die Armen Seelen: Vollkommener Ablaß für die Armen Seelen, unter den gewöhnlichen Bedingungen (siehe oben). - E. Ind. 592.

Am Allerseelentag, 2. November, ist in allen Kirchen und Kapellen (wenn nicht möglich auch in Hauskapellen oder vor der Kirche) bei jedem Kirchenbesuch, bei dem man 6 Vaterunser, 6 Gegrüßet seist du Maria und 6 Ehre sei dem Vater betet, ein vollkommener Ablaß für die Armen Seelen gewährt, wenn man dazu beichtet und kommuniziert. - E. Ind. 590.

Vielleicht ist es manchmal gut, sich auf die Hilfen, welche die Kirche uns anbietet, unvoreingenommen zu besinnen. Sie will uns damit nicht zum Rechnen oder zu einer Art von “geistlichem Geschäft” verleiten. Es geht beim Ablaß nicht darum, sich mit äußerlichen Werken den Himmel zu sichern, noch können wir uns da einen billigen Freifahrtschein zum Himmel holen. 
Es kommt alles auf die Gnade Christi an, auf sie allein können und dürfen wir uns stützen. Jedoch sollen wir in freiem Wollen mit dieser Gnade mitwirken. Wo der gute Wille fehlt, kann man keinen Ablaß gewinnen, und wo die Liebe fehlt, kann auch die Gnade Gottes nicht wirken. Der Ablaß will kein Mittel sein, uns ohne Gott oder an Jesus vorbei in den Himmel zu führen, sondern er will uns einen Ansporn geben, auf dem Weg der Buße nicht zu verzagen, sondern das Heil im Glauben an Jesus Christus zu wirken. Auf diesem Weg sind wir nicht allein, auch verlangt Gott von uns keine unmöglichen Dinge. Er bietet uns so viele Gnaden und Mittel an, an uns liegt es deshalb, ob wir sie auch ergreifen. Die Möglichkeit, einen Nachlaß der Sündenstrafen zu erlangen, gibt uns der Ablaß. Er ist damit ein solches Mittel, das zu unserem und unserer Mitmenschen Heil wirksam werden soll, und wie dankbar dürfen wir für ein solches Gnadenmittel Gottes sein!

 


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